Stimmen die Aussagen, dass die Mieten einen immer grösseren Anteil vom Einkommen ausmachen, Vermieter eine missbräuchliche Rendite erzielen, in den Städten Wohnungsnot herrscht und Genossenschaften günstiger vermieten können? Die Fakten zum Mietwohnungsmarkt helfen, diese Aussagen zu überprüfen und korrekt einzuordnen.
Entwicklung der Mietzinsen
In den vergangenen Jahren sind die Mietzinsen pro Jahr durchschnittlich um 1,1 Prozent gestiegen. Bei laufenden Mietverhältnissen beträgt die Erhöhung nur 0,1 Prozent, mit Berücksichtigung der Teuerung gingen die Mietzinsen seit 2010 um 3,9 Prozent zurück. Damit waren die jährlichen Kostensteigerungen bei Mietzinsen deutlich geringer als bei Krankenkassenprämien (+2,2 %) oder Kaufpreisen von Eigentumswohnungen (+4,2 %). Der Mietzinsanteil am Einkommen schwankte seit 2010 zwischen 20 und 21 Prozent und liegt damit unter der empfohlenen Drittelsregel. Wenn jemand seit 2010 in der gleichen Mietwohnung lebt, reduzierte sich der durchschnittliche Anteil der Mietzinsen von 20,7 auf 18,6 Prozent vom Einkommen.
Bei Neuvermietungen kann der Mietzins im Rahmen der mietrechtlichen Vorgaben von den Mietparteien frei festgelegt werden und folgt den Regeln von Angebot und Nachfrage. Weil die Bevölkerung in den vergangenen Jahren zugenommen hat und der Wohnungsbau zurückging, wurde die Wohnungsnachfrage grösser und das Angebot kleiner. Eine Studie der Universität Fribourg zeigt, dass ein Anstieg der ausländischen Bevölkerung um 1 Prozent die Neumieten um 8 Prozent verteuert. Bei laufenden Mietverhältnissen wird der Mietzins in der Regel bei Veränderungen des Referenzzinssatzes angepasst. Bei Untermietverhältnissen werden jedoch Senkungen beim Referenzzinssatz vom Untervermieter selten weitergegeben, wodurch der Untermieter einen zu hohen Mietzins bezahlt. Zudem verfügt der Untermieter über einen schlechteren Kündigungsschutz und wird häufig zum Abschluss eines befristeten Mietvertrags gezwungen.
Wenn jemand seit 2010 in der gleichen Mietwohnung lebt, reduzierte sich der durchschnittliche Anteil der Mietzinsen von 20,7 auf 18,6 Prozent vom Einkommen.
Renditen bei Vermietungen
Gemäss Bundesgericht gilt ein Mietzins als nicht missbräuchlich, wenn die Rendite maximal 2 Prozentpunkte über dem Referenzzinssatz liegt, solange der Referenzzinssatz 2 Prozent oder weniger beträgt. Beim aktuell gültigen Referenzzinssatz von 1,75 Prozent ist eine Nettorendite von 3,75 Prozent und eine Bruttorendite von 5,25 Prozent zulässig.
Bei der Vermietung von Mehrfamilienhäusern gingen die Cashflowrenditen in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurück und liegen aktuell bei tiefen 2,89 Prozent. Im europäischen Vergleich belegt die Schweiz den zweitletzten Platz und hat eine tiefere Rendite bei der Vermietung von Mietwohnungen als alle umliegenden Länder.
Wohnungsangebot
Weil zu wenige Wohnungen gebaut werden, um die erhöhte Nachfrage nach Wohnraum zu befriedigen, besteht insbesondere in den Ballungsgebieten eine Wohnungsknappheit. Die Leerwohnungsziffer in der Stadt Zürich ging auf 0,06 Prozent zurück, am 1. Juni 2023 standen 144 Wohnungen leer. Vergleicht man die Leerwohnungsziffer mit den erfolgten 43'206 Umzügen im Jahr 2023, gab es 25-mal mehr Umzüge als leerstehende Wohnungen. Weil die Leerwohnungsziffer nur die Wohnungen zählt, welche am 1. Juni leer stehen, werden alle Wohnungen, welche nahtlos wiedervermietet werden, nicht erfasst. Somit gibt die Leerwohnungsziffer ein verzerrtes Bild, da nur die Wohnungen in die Statistik einfliessen, welche keiner haben will.
Der Angebotsmietindex erfasst die im Internet ausgeschriebenen Wohnungen und soll aufzeigen, wie sich die Mietzinsen bei Neumieten entwickeln. Weil viele Wohnungen ohne Ausschreibung im Internet weitervermietet werden, sieht man im Internet nur die Ladenhüter, meistens Wohnungen, die mit zu hohen Mietzinsen ausgeschrieben sind. Damit gibt auch der Angebotsmietindex ein verzerrtes Bild, insbesondere wenn das Wohnungsangebot klein und die Nachfrage hoch ist.
Genossenschaften
Damit kostengünstiger Wohnraum entsteht, geben Städte Bauland zu vergünstigten Preisen an Baugenossenschaften ab. In Frauenfeld wurde ein städtisches Grundstück für 46 Prozent vom Marktwert an eine Genossenschaft verkauft, in der Stadt Zürich wurde ein Grundstück für 18 Prozent vom tatsächlichen Baulandpreis abgegeben. Mit diesen Vergünstigungen reduzieren sich die Anlagekosten und die Mietzinsen können bei gleicher Rendite tiefer angesetzt werden. Wird das Bauland zu 75 Prozent des Marktwerts abgegeben, können die Wohnungen bei gleicher Rendite 7 Prozent günstiger vermietet werden. Bei einer Vergünstigung von 50 Prozent reduzieren sich die Mieten um 15 Prozent und erhalten Genossenschaften das Bauland für 25 Prozent vom Marktwert, können die Wohnungen 23 Prozent günstiger vermietet werden, bei weiterhin gleichbleibender Rendite. Die gleiche Wirkung haben städtische Abschreibungsbeiträge, auch diese reduzieren die Anlagekosten und demzufolge auch die erforderliche Mietzinshöhe zum Erzielen der gleichen Rendite.
Während Mietzinsen bei Genossenschaften, auch dank vergünstigtem Bauland, durchschnittlich 12 Prozent tiefer sind als bei Mietwohnungen, fallen Mietzinserhöhungen bei Genossenschaften stärker aus. Seit 2011 sind die Mieten bei institutionellen Vermietern durchschnittlich um 0,2 Prozent und bei privaten Vermietern um 1,1 Prozent gestiegen. In der gleichen Zeit haben Genossenschaften ihre Mieten um durchschnittlich 2,5 Prozent erhöht, bei einzelnen Genossenschaften gab es Mietzinserhöhungen von 30 Prozent.
Zusätzliche Informationen
Weitere Fakten, Informationen und Grafiken zum Mietwohnungsmarkt gibt es im ausführlichen Artikel «Fakten zu Mietwohnungen, Mietzinsen und Genossenschaften»: hev-winterthur.ch/fakten-wohnungsmarkt