Bündner Wohneigentum

Online-Magazin des Hauseigentümerverbands Graubünden

Ausgabe 127 | November 2024

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Fenster und Dachfenster im Stockwerkeigentum

Bei Sanierungen im Stockwerkeigentum ist die Abgrenzung zwischen dem gemeinschaftlichen Eigentum und demjenigen der individuellen Eigentümerschaft, dem sogenannten Sonderrecht, nicht immer einfach. Dabei stellen die Fenster häufig einer dieser Grenzfälle dar, speziell die Dachfenster.

In Art. 712b ZGB regelt das Gesetz nur sehr rudimentär, was nicht zu Sonderrecht ausgeschieden werden kann, nämlich vor allem diejenigen Gebäudeteile, die für den Bestand, die konstruktive Gliederung und Festigkeit des Gebäudes von Bedeutung sind. In der Stockwerkeigentumsbegründungserklärung und im Reglement kann detailliert geregelt werden, was dem gemeinschaftlichen Eigentum und was dem Sonderrecht zugeordnet wird. Für eine Antwort im konkreten Fall müssen somit zuerst diese Dokumente konsultiert werden. Lässt sich dort keine Lösung finden, kommen die Rechtslehre und die Gerichts­praxis zur Anwendung.

Dachfenster und Dachluken werden gleich behandelt wie die Fenster an der Fassade des Gebäudes.

Fenster, Dachfenster und Dachluken bilden den räumlichen Abschluss der Wohnungen nach aussen und beeinflussen damit direkt das Aussehen der Liegenschaft. Gleichzeitig werden sie jedoch ausschliesslich durch die Eigentümerschaft genutzt und tangieren deren Interessen stärker, als diejenigen der ganzen Gemeinschaft. Es ist unbestritten, dass normale Fenster im Stockwerkeigentum sogenannt sonderrechtsfähig sind. Handelt es sich aber um eine ganze Fensterfront, der auch noch eine statische Funktion zukommt, ist diese zwingend gemeinschaftlich, da es sich dabei quasi um Aussenmauern der Liegenschaft handelt. Ist zu den Fenstern nichts in der Stockwerkeigentumsbegründungserklärung und im Reglement geregelt, zählt die neuere Rechtslehre die Fenster der Stockwerkeinheiten deshalb zum Sonderrecht. Damit ist es die Pflicht der jeweiligen Eigentümerschaft, ihre Fenster auf eigene Kosten zu unterhalten und allenfalls zu ersetzen. Dabei muss aber das bestehende Modell beibehalten werden, damit das äussere Erscheinungsbild der Liegenschaft nicht beeinträchtigt wird. Ohne entsprechende Zustimmung der Gemeinschaft dürfen zudem keine zusätzlichen Fenster eingebaut werden.

Bezogen auf das Dach gibt es immer wieder Unklarheiten, ob diese Fenster Teil des Daches und damit des zwingend gemeinschaftlichen Eigentums sind. Rechtlich ist diese Situation dahingehend klar, dass normale Dachfenster und Dachluken gleichbehandelt werden, wie die Fenster an der Fassade des Gebäudes. Zudem wird davon ausgegangen, dass Oberlichter, die in das Dach integriert sind und sich nicht öffnen lassen, zu den gemeinschaftlichen Teilen gehören.

Das vorstehend Geschriebene zeigt, dass das Thema Fenster in der Praxis oft zu Diskussionen führen kann, vor allem dann, wenn es um die Verteilung von Kosten geht. Vielfach kommt es dadurch zu juristischen Auseinandersetzungen und auch zu Gerichtsverfahren. Um dies zu verhindern, kann mit einer klaren Reglementsbestimmung Klarheit geschaffen werden. Die Gemeinschaft kann das Reglement anpassen und einen entsprechenden Passus im Reglement einfügen, der auf ihre Liegenschaft passt. Meist benötigt eine solche Reglementsanpassung das qualifizierte Mehr, nämlich die Zustimmung der Mehrheit der Stockwerkeigentümer, die zugleich zu mehr als der Hälfte anteilsberechtigt sind – man spricht hier vom sogenannten Wertquotenmehr.

Reto T. Annen

Sekretär des HEV Chur Regio, Rechtsanwalt und Notar, Kanzlei Kornplatz, Chur

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