Bündner Wohneigentum

Online-Magazin des Hauseigentümerverbands Graubünden

Ausgabe 125 | Juli 2024

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Maximalbelegung einer Wohnung

Zwei Mieter haben den Mietvertrag für eine 2-Zimmerwohnung unterschrieben, doch mit der Zeit wird die Wohnung immer voller, es wird ein Kind geboren und die Schwester der Mieterin steht plötzlich wegen einer Trennung mit Baby und ihren Sachen vor der Haustür.

Bei Ferienwohnungsvermietungen stellen Nachbarn öfters über verlängertes Wochenende in einer 4-Zimmerwohnung die Anwesenheit von bis zu neun Bewohnern fest.

Überbelegung in einer Wohnung ist ein undankbares Thema für jeden Vermieter und jede Hausverwaltung, denn meistens geht es mit Beschwerden über den zusätzlichen Lärm, Unordnung und über das ständige Kommen und Gehen sowie Sachbeschädigungen in den Allgemeinräumen, falsche Handhabung der Geräte in der Waschküche oder nicht korrekte Entsorgung des Kehrichts einher.

Im Formular „Mietvertrag für Wohnräume“ des HEV Graubünden aus dem Jahr 2021 können die Parteien die Maximalbenützung einer bestimmten Anzahl Personen definieren. Der Vermieter vergisst die Kontrolle und wird erst durch Nachbarn auf die Umgehung dieser Maximalbeschränkung aufmerksam gemacht.

Der Gesetzgeber kennt keine Maximalbestimmung oder eine Vorschrift die besagt, wann eine Wohnung überbelegt ist. Vielfach mussten darüber Gerichte entscheiden. Gemäss Praxis ist von einer Überbelegung immer davon auszugehen, wenn nicht genügend Wohnfläche für jeden Erwachsenen und jedes Kind vorhanden ist. Diese unklare Bestimmung ist je nach Einzelfall und je nach Wohnungseinrichtungen zu beurteilen. So werden die Lebensverhältnisse bei der Mieterschaft, die sich ändern können und mit einer Überschreitung der Maximalvorschrift einhergehen, näher betrachtet werden müssen.

Klare Vorgaben schaffen

Der Vermieter ist grundsätzlich nur verpflichtet, die Personen in der Wohnung zu dulden, die im Mietvertrag vermerkt sind. Dritte, die im Mietvertrag nicht als Mieter angegeben sind, muss er erst einmal nicht akzeptieren. Eine Ausnahme davon ist, die von ihm genehmigte Untervermietung, gerade auch bei der Kurzvermietung über Online-Plattformen. Heikler wird es bei der Frage, wenn sich die Familie des Mieters mit der Zeit vergrössert, sei es durch Heirat oder durch Geburt gemeinsamer Kinder oder aufgrund einer Lebenspartnerschaft. Dann kann es auch vorkommen, dass die maximale Anzahl an Personen in einer Wohnung an Grenzen stösst.

Das Recht des Mieters, nahe Familienangehörige in seiner Wohnung aufzunehmen, gilt grundsätzlich nur innerhalb der Grenzen einer vertragsgemässen Nutzung. Wann überwiegen aber die Vermieterinteressen, um zu einer Beendigung des Mietverhältnisses mittels Kündigung zu gelangen? Der Einzug des Partners oder der Partnerin oder die Geburt eines Kindes berechtigen in den seltensten Fällen zur Kündigung. Anders sieht es bei Drittpersonen aus, die dauerhaft in die Wohnung aufgenommen werden. Davon ist ab einem Aufenthalt von mehr als zwei Monaten auszugehen. Wird jedoch vom Bewohner Miete verlangt, liegt ab diesem Moment eine Untervermietung vor, die vom Vermieter zu genehmigen ist.

Es gibt offensichtliche Fälle von „überbesetzten“ Wohnungen, so zum Beispiel, wenn eine vierköpfige Familie in einer knapp 45 m² grossen Eineinhalb-Zimmerwohnung wohnt, oder wenn für sieben Personen eine Wohnfläche von 65 m² zur Verfügung steht. Auch nahm ein deutsches Gericht eine Überbelegung an, wo in einer 35 m² grossen Wohnung eine fünfköpfige Familie lebte, bestehend aus zwei Erwachsenen und drei Kindern. Auch ist eine Drei-Zimmerwohnung mit WC, Küche, Bad und Flur überbelegt, wenn sie von insgesamt sieben Personen bewohnt wird oder eine 75 m² grosse Vier-Zimmerwohnung mit vier Erwachsenen und drei Kindern. Dasselbe kann von einer für 7 und mehr 10 Personen ausgeschriebenen 4-Zimmer-Ferienwohnung gesagt werden.

Indiz für Überbelegung

Nach schweizerischer Rechtsauffassung wird von einer Überbelegung der Wohnung ausgegangen, wenn die Personenzahl die Zimmerzahl plus zwei überschreitet. Diese Faustregel ist lediglich als Richtwert zu verstehen. Die Angabe der Personenzahl im Mietvertrag ist grundsätzlich nicht massgeblich. Sie ist ein Richtwert. Entscheidend ist auch, ob sich nur Erwachsene oder Erwachsene mit Kindern im Mietobjekt aufhalten.

Grundsätzlich ist von geordneten Lebensumständen auszugehen. Pro Schlafzimmer sind zwei Personen zu tolerieren, bei Kajütenbetten sogar drei Kinder. Müssen dann Personen auf Matratzen im Gang oder auf dem Sofa im Wohnzimmer übernachten, wird die Überbelegung offensichtlich.

Der Vermieter ist für die Einhaltung der Hausordnung durch seine Mieter verantwortlich. Sollte ihm dies nicht gelingen, muss er sich gezwungenermassen dem Druck der Verwaltung und der Nachbarn zu einer Verwarnung und späteren Kündigung veranlasst fühlen. Die Mietverträge sind klarer zu formulieren. Die Mieter sind mit ausdrücklichem Hinweis auf die Hausordnung einzuweisen. In der Hausordnung oder im StWEG-Reglement ist dieser Problematik vermehrt Beachtung zu schenken. Eine Kontrolle bei Einzug sollte die Einhaltung der Mietbedingungen gewährleisten. Regelmässige Nachkontrollen sind im Zweifelsfall angezeigt.

Dr. Patrik Wagner

Präsident HEV Davos, Rechtsauskunftsstelle HEV Davos

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