Bündner Wohneigentum

Online-Magazin des Hauseigentümerverbands Graubünden

Ausgabe 127 | November 2024

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Eigenmietwert – der Präsident nimmt Stellung

Die ständerätliche Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK-S) hat an ihrer Sitzung vom 27. Mai 2021 endlich eine Gesetzesrevision für einen Systemwechsel
bei der Wohneigentumsbesteuerung zuhanden des Parlaments verabschiedet. Das Parlament behandelt diese in der Septembersession. Der Präsident des HEV Graubünden, Thomas Hess, stellt sich den Fragen von «Bündner Wohneigentum».

Bündner Wohneigentum

Der HEV Schweiz begrüsst die Verabschiedung einer Revisionsvorlage. Dem Verfassungsauftrag der Wohneigentumsförderung sei endlich Rechnung zu tragen. Teilen Sie diese Einschätzung auch für Graubünden?

Thomas Hess

Der HEV Graubünden nimmt positiv zur Kenntnis, dass die WAK-S die Beratungen der Kommissionsinitiative erneut aufgenommen hat. Es ist sehr erfreulich, dass es mit der Abschaffung des Eigenmietwerts endlich vorwärts geht. Die Wohneigentumsförderung ist jedoch eine gesamtschweizerische und nicht eine bündnerische Frage. Mit dem Wegfall der Eigenmietwertbesteuerung entfällt ein Hindernis der steuerlichen Belastung von Eigentum, eine Förderung ist darin jedoch nicht zu erkennen, denn es ist nur eine Gleichstellung mit Mietern. Man muss weder ein fiktives Einkommen versteuern noch kann man einen Abzug vornehmen. Die Sache ist neutralisiert.

Bündner Wohneigentum

Wird damit der Verfassungsauftrag erfüllt. Dieser fordert ja eine Eigentumsförderung?

Thomas Hess

Nein, der Verfassungsauftrag wird nicht erfüllt. Deshalb entstand das Begehren, dass Ersterwerber, meist junge Leute, einen befristeten Abzug der Schuldzinsen machen dürfen, damit deren steuerliche Belastung sinkt. Dies wäre ein effizienter Anreiz, Eigentum zu erwerben. Der Vorschlag des Ständerats aber sieht vor, die Schuldzinsen für ein Paar mit maximal 10 000 Franken(Einzelperson 5000) zum Abzug zuzulassen und diesen für jedes Jahr um 10 Prozent zu vermindern, das heisst also zum Beispiel im 6. Jahr noch mit 4000 Franken für ein Paar. Das ist ungenügend, insbesondere bei steigenden Zinsen.

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Wie sieht die Situation für Ersterwerber heute aus?

Thomas Hess

Man muss sich vor Augen führen, dass die bisherige Lösung für junge Leute mit der Aufrechnung des Eigen­mietwerts und der Berechtigung des Schuldzinsenabzugs bei hohen Schulden unter dem Strich eine indirekte Eigentumsförderung war. Ich sage war, weil seit Beginn der Tiefzinsphase die Abzüge ungenügend wurden und damit eine Benachteiligung der jungen Eigentümer stattfand. Nur durch die tiefen Zinsen war und ist Wohneigentum interessant. Gehen aber die Zinsen wieder einmal in Höhen von 5 Prozent, dann sieht die Situation wieder ganz anders aus. In der heutigen Situation profitiert der Staat mit wesentlich höheren Steuereinnahmen aufgrund der geringen Abzüge.

Mit der Abschaffung des Eigenmietwerts geht es vorwärts.

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Für selbstgenutztes Wohneigentum am Hauptwohnsitz muss zukünftig kein Eigenmietwert mehr versteuert werden. Damit setzt die Vorlage die Hauptforderung des HEV um. 

Thomas Hess

Ja, das ist sehr wichtig im Alter, wo die meisten Eigentümer ihre Hypothek zu einem grossen Teil oder sogar ganz amortisieren konnten. Es waren viele Härtefälle zu verzeichnen, bei denen die steuerliche Belastung im Verhältnis zum geringen Renteneinkommen wegen des Eigenmietwerts unverhältnismässig wurde. Das war eine der Hauptforderungen des HEV.

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Zweitwohnungen unterstehen weiterhin der Eigenmietwertbesteuerung. Was bedeutet das für Graubünden?

Thomas Hess

Graubünden steht in der gleichen Situation wie alle Kantone mit vielen Zweitwohnungen. Für die Zweitwohnungen gibt es keinen Systemwechsel, es muss weiterhin der Eigenmietwert versteuert werden. Das bedeutet, dass dem Kanton und den Gemeinden diese Steuereinnahmen nicht verloren gehen.

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Der Eigenmietwert beim selbstgenutzten Eigentum wird nicht mehr besteuert – im Gegenzug sollen die Schuldzinsen und die Unterhaltskosten nicht mehr abgezogen werden können. Das ist nachvollziehbar, oder nicht?

Thomas Hess

Ja, das ist der reine System­wechsel und die logische Folge davon.

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Eigentümer von Zweitwohnungen müssen weiterhin eine «Eigenmiete» versteuern und Eigen­tümer von Mietliegenschaften müssen weiterhin die Mietzinseinnahmen versteuern. Hingegen dürfen diese die Schuldzinsen nicht mehr abziehen. 

Thomas Hess

Dieser Punkt ist nicht akzeptabel. Zu den Zweitwohnungen: der Staat besteuert ein theoretisches Einkommen als Eigenmiete, lässt aber die Kosten dafür nicht abziehen. Zweitwohnungen werden damit steuerlich sehr stark belastet. Es gibt viele Stimmen, die sagen, in der Schweiz würden sie keine Zweitwohnung mehr erwerben angesichts der hohen Kosten (unter anderem Tourismusabgaben). Mit dem Verbot des Schuldzinsabzugs sind die Kosten von Zweitwohnungen noch höher als bisher, und wir vertreiben unsere besten Gäste.

Bündner Wohneigentum

Und was sagen Sie zu den Mietliegenschaften?

Thomas Hess

Betrachten wir folgendes Beispiel. Manche unserer Mitglieder – insbesondere in Tourismusregionen – haben in ihrem Wohnhaus noch eine bis zwei Wohnungen oder ein kleines Mehrfamilienhaus. Sie vermieten diese Wohnungen als Ferienwohnungen oder als Dauerwohnungen. Diese Häuser sind grösser als ein Einfamilienhaus und benötigen folglich auch mehr Kapital und damit mehr Fremdkapital. Die Zinsen dafür sind effektiv anfallende Kosten, um solche Wohnungen überhaupt zur Verfügung zu stellen. Der Abzug der Zinsen soll jetzt nicht mehr möglich sein. Es bedeutet einmal mehr eine steuerliche Bestrafung derjenigen, die etwas für unsere Gesellschaft tun. Das Resultat ist nämlich, dass ohne Schuldzinsabzug die Steuereinnahmen massiv steigen werden. Es widerspricht auch jeglicher Steuergerechtigkeit, nur Einnahmen versteuern zu müssen ohne auch die Gestehungskosten abziehen zu dürfen. Dieser Punkt ist schlicht unfair. Der Minderheitsantrag des Ständerats sieht einen Abzug der Schuldzinsen bis zu 70 Prozent der Vermögenserträge vor, dieser Vorschlag würde das Problem ­lösen.

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Die Kantone sollen die Kompetenz haben, Abzüge zur Förderung von Energiespar- und Umweltschutzinvestitionen vorzusehen. 

Thomas Hess

Das ist sehr zu begrüssen, und es ist zu hoffen, dass unser Kanton davon Gebrauch machen wird.

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Kann man abschätzen, wie sich diese Vorlage finanziell auswirkt?

Thomas Hess

Im Rahmen der Beratung im Parlament müssen sicherlich noch manche Punkte thematisiert und angepasst werden. Eine abschliessende Beurteilung der finanziellen Auswirkungen für den Staat einerseits und für die Eigentümer und -innen andererseits ist deshalb zurzeit schwierig, aber ein Trend ist klar erkennbar.

Bündner Wohneigentum

Sie sagen ein Trend sei klar erkennbar – welcher?

Thomas Hess

Tatsache ist, dass diejenigen Eigentümer, die die Schuldzinsen nicht mehr abziehen können und trotzdem die Mieterträge oder den Eigenmietwert versteuern müssen, wesentlich mehr Steuern zahlen. Diese Mittel fehlen diesen Eigentümern, um die bestehenden Hypotheken amortisieren zu können. Folglich wird genau das Gegenteil erreicht, die Verschuldung bleibt bestehen. Es wäre auch Folge davon, dass je länger je weniger private Eigentümer vermieten können, und es nur noch institutionelle Vermieter wie Versicherungen, Pensionskassen und Genossenschaften gibt. Das ist nicht im Sinne unseres Staats. Ich hoffe, dass der Nationalrat die Punkte Schuldzinsabzug sowie Unterhaltsabzug für diejenigen Eigentümer, die den Mietertrag oder den Eigen­wert versteuern müssen, in die Vorlage einführt und damit den Minderheitsantrag des Ständerats unterstützt. Wenn nicht, ist die Vorlage abzulehnen. 

Bündner Wohneigentum

Was wünschen oder erhoffen Sie sich?

Thomas Hess

Ich hoffe, wünsche und fordere, dass die Anliegen des Hauseigentümerverbands und der Wohneigentümer und -innen adäquat umgesetzt werden und der Eigenmietwertbesteuerung endlich ein Ende gesetzt wird.

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