Bündner Wohneigentum

Online-Magazin des Hauseigentümerverbands Graubünden

Ausgabe 125 | Juli 2024

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Grundstücke – vom Brotkorb zur Schatulle

Boden ist nebst der Arbeit und dem Kapital einer der volkswirtschaftlichen Produktionsfaktoren. Grundstücke im Sinne des Wortes sind begehrte, wertvolle Sachgüter, die vielerlei ökologische und ökonomische Nutzungsarten erfüllen und mannigfaltigen Zwecken zu dienen haben. Tägliche Kulturlandveränderungen von der grünen Wiese zur Entstehung eines Wohnobjektes oder andern Objektkategorien und Anlagen, lösen immense Investitionen – von welcher Seite auch immer – aus. Durch diese branchenübergreifende Wertschöpfung – verursacht durch die Immobilienbesitzenden – ist dadurch eine Vielzahl von Menschen in der Lage, den Lebensunterhalt ihrer Familien zu sichern.

Freude herrscht

Nach einigen Monaten steht ein neues Eigenheim zum Einzug bereit. Freude herrscht! Schon bald flattert Post von der Gemeinde ins Haus. Es ist eine Einladung zu einem Begrüssungsapéro der neuen Quartierbewohner, der Neuzuzüger. «Schön, dass ihr alle unser heimeliges, gastfreundliches Dorf als neue Heimat ausgewählt habt. Es freut uns, sie alle herzlich im schönen ‹Sonningen› willkommen zu heissen», tönts aus dem Mund des Gemeindeoberhaupts. «Ob bei dieser euphorischen, wertschätzenden Begrüssungsrede in den nächsten paar Jahren als Dankeschön mit einem Bonus auf der Steuerrechnung gerechnet werden darf?» flüstert ein Neuzuzüger seiner Gemahlin zu.

Handänderungssteuer

Wenige Tage später liegt bereits die Rechnung für die kommunale Handänderungssteuer im Briefkasten. Sie beträgt 2 Prozent (Bandbreite 1 Prozent bis 2 Prozent) des Kaufpreises. Das erinnert mich daran, dass ich im ausgehenden 2021 einer regionalen Medienmitteilung sowie einer kommunalen Botschaft entnommen habe, dass eine Gemeinde beabsichtigt hat, dem Souverän eine Teilrevision des Steuergesetzes zu unterbreiten, mit dem Ziel, den ordentlichen Steuersatz um 10 Prozent zu reduzieren, und im Sinne einer Teilkompensation die Handänderungssteuer von 1 Prozent auf 2 Prozent (Maximalsatz) zu erhöhen. Begründung: Zitat: «Die Handänderungssteuer ist eine Sondersteuer, welche durch die Verursacher zu zahlen ist. Die Höhe der Handänderungssteuer stellt in aller Regel kein Kriterium für oder gegen einen Kauf von Land oder Gebäuden dar». Ende Zitat. Dem Antrag des Vorstands wurde mehrheitlich zugestimmt.

Malus statt Bonus

Es ist nicht nur die beabsichtigte, fragwürdige Teilrevision des Steuergesetzes, als vielmehr die subjektive, gegenüber dem Grundeigentum despektierliche, völlig ungerechte Argumentation, die mich veranlasst hat, in die Tasten zu greifen. Warum? Allein die eigentumsfeindliche Absicht, die Gesamtbevölkerung steuerlich mit 10 Prozent zu entlasten, und auf dem Buckel der Immobilienbesitzenden die Handänderungssteuer um 1 Prozent zu erhöhen, ist ungerecht und muss in der heutigen Zeit hinterfragt werden. Bei der Handänderungssteuer handelt es sich um eine reine Rechtsverkehrssteuer, ohne jegliche Gegenleistung des Staates. Diese Tatsache lässt die Frage zu, ob eine derartige Steuer rechtstaatlich überhaupt zulässig ist. Im Gegensatz zu einer Gebühr, die zwingend eine Gegenleistung voraussetzt, ist dieses Kriterium bei der Handänderungssteuer nicht erfüllt, da die Zahlungspflichtigen aus dieser Leistung keinen Vorteil ziehen. Die effektiven Grundbuch-/Notariatskosten im Zusammenhang mit einer Handänderung sind in unserem Kanton, gemäss Parteiabsprache, ohnehin noch mit je 1 Promille des Übernahmewertes für die Vertragserrichtung, für die öffentliche Beurkundung sowie für den Grundbucheintrag, plus minimale Büralkosten, zu entrichten.

Szenario 1 – Verändertes Wirtschaftsumfeld

Das wirtschaftliche Umfeld und mit ihm die Gesellschafts- und Arbeitswelt haben sich seit etlichen Jahren einschneidend verändert. Dieses verlangt heute von den Arbeitnehmenden eine weit grössere Flex­ibilität bezüglich des Arbeitsplatzes. Was, wenn ich selber davon betroffen bin, und meinen Arbeitsplatz unbeeinflussbar plötzlich nicht mehr hinter dem Gartenzaun liegt? Was, wenn man vor etlichen Jahren ein Eigenheim erbaut oder eine Eigentumswohnung erworben hat, und nun innert weniger Wochen den gewohnten Arbeitsplatz unverschuldet in einem weit entfernteren Landesteil wahrnehmen muss? Aus ökologischen wie auch ökonomischen Gründen liegt bei diesem Sachverhalt eine Entscheidung nahe, das Eigenheim zu veräussern. Kann diese reale Situation auch dem Verursacherprinzip angelastet werden?

Szenario 2 – staatlicher Zwang

Was, wenn ein Ehepaar über 40 Jahre ein Eigenheim gemeinsam bewohnt hat und ein Ehepartner verstirbt? Dem überlebenden Partner, der zufällig Alleineigentümer ist, ist es aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich, das Eigenheim selbst zu bewohnen und zu besorgen. Ein Umzug in ein Altersheim wird unumgänglich. Das geliebte Wohnheim steht leer. Nach längerem Aufenthalt in dieser kostspieligen Vorsorgeeinrichtung neigen sich die vorhandenen Ersparnisse dem Ende zu. Der Gesundheitszustand des Heimbewohners oder der Heimbewohnerin hat sich zwischenzeitlich medizinisch verschlechtert, was steigende Pflegekosten zur Folge hat. Aufgrund welcher familiären Konstellation auch immer, meldet sich die KESB als staatliche Institution mit dem Begehren, das Wohnhaus entweder zu vermieten oder gar zu verkaufen, um Mittel zur Bezahlung der laufenden Pflegeheimkosten zu generieren. Derselbe Staat, der bereits im Zeitpunkt der Einforderung der Handänderungssteuer eine völlig ungerechte Steuer zulasten der Grundeigentümer eingefordert hat, erhebt aufgrund dieser vorstehend erwähnten Ausgangslage die Hand, und «beantragt» den Verkauf des Wohnobjekts. Entspricht dieser realistische Sachverhalt auch dem Verursacherprinzip?

Grundstückgewinnsteuer

Der Verkauf des Eigenheims und eine Umsiedlung nach «Irgendwo» wurde Tatsache. Inzwischen ist rund ein Jahr vergangen. Die Familie hat sich gut eingelebt und im neuen dörflichen Umfeld gut integriert. Neue Post. Diesmal lautet der Absender Kantonale Steuerverwaltung, inliegend die Steuererklärung für die Grundstückgewinnsteuer. Diese dient als Steuerungsinstrument zur Eindämmung der Spekulation. Innert Frist hat die Verkäuferschaft diese mit allen gewünschten Angaben, so beispielsweise Erwerbspreis, Erwerbsdatum, wertvermehrende Investitionen, Maklerprovisionen, Gebühren und dergleichen korrekt auszufüllen und der Steuerbehörde zurückzusenden. Monate später liegt die entsprechende Rechnung für den Grundstückgewinn, falls das Grundstück gewinnbringend verkauft worden ist, im Briefkasten. Der Höchstbetrag beträgt für den Kanton und die Gemeinde je 15 Prozent des Nettogewinns, wobei sich dieser bei einer Besitzesdauer von 44 und mehr Jahren degressiv bis zu 51 Prozent reduzieren kann. (Art. 52 ff Kant. StG).

Warum nur Immobilienbesitz?

Aus Sicht dieser unterschiedlichen Szenarien darf diese eingangs erwähnte Argumentation hinterfragt werden. Sowohl die umstrittene Liegenschaftensteuer wegen ihrer Doppelbesteuerung, wie auch die ungerechte Handänderungssteuer entsprechen nicht mehr dem heutigen Zeitgeist. Dem Wesen einer geldwerten Leistung (Handänderungssteuer) muss eine sachliche Gegenleistung oder im Sinne einer Inkonvenienz zum Beispiel eine Rechtseinräumung, entgegenstehen. Das Steuersubstrat Grundeigentum ungerechterweise zusätzlich zu belasten widerspricht dem Investitionsgedanken und der daraus resultierenden Wertschöpfung seitens der Grundeigentümer. Etliche Kantone haben diese Sondersteuer bereits abgeschafft. Bei weiteren Kantonen steht diese Absicht in Abklärung.

Diese Denkanstösse sollen die Eigentümerschaft dazu motivieren, das immobile Eigentum zu verteidigen und sich durch ihr persönliches, öffentliches Wirken dafür einzusetzen, dass Grundeigentum nicht respektlos zur unversiegbaren Milchkuh zugunsten des Staates degradiert wird.

Hansjörg Ladner

ehemaliger Präsident HEV Prättigau

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