Bündner Wohneigentum

Online-Magazin des Hauseigentümerverbands Graubünden

Ausgabe 124 | März 2023

Zurück zur Übersicht

Nachbarrecht ermöglicht friedliches Miteinander

Zu hohe Bäume und Sträucher, Rauch oder quakende Frösche: Das Nachbarrecht umfasst die Gesamtheit aller Vorschriften, die den Grundeigentümern bei

der Nutzung und Ausübung ihres Eigentums Schranken auferlegen und so ein friedliches Nebeneinander ermöglichen.

Ein eigentliches Nachbarrechtsgesetz gibt es allerdings nicht. Entsprechende gesetzliche Bestimmungen sind zum Teil zivil- und öffentlich rechtlicher Natur und verteilen sich auf zahlreiche Erlasse des Bundes, der Kantone und der Gemeinden.

Die nachbarrechtlichen Regelungen des Bundes finden sich in Artikel 679 und 684ff Zivilgesetzbuch. Da diese Bestimmungen dem Schutz der Interessen einzelner Grundeigentümer dienen, sind diese in der Regel dispositiver Natur und können durch eine Vereinbarung abgeändert oder aufgehoben werden. Soll eine solche Parteivereinbarung auch für Rechtsnachfolger gelten, ist eine Dienstbarkeit zu errichten, die zu ihrer Gültigkeit der Eintragung in das Grundbuch bedarf. Im Kanton Graubünden findet sich das kantonale Nachbarrecht im Einführungsgesetz zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch – Artikel 96ff.

Nebst den zivilrechtlichen Bestimmungen gibt es im öffentlichen Recht von Bund, Kantonen und Gemeinden zahlreiche nachbarrechtliche Vorschriften, wie beispielsweise Bau- und Abstandsvorschriften. Diese werden im Interesse der Allgemeinheit erlassen und sind somit grundsätzlich zwingender Natur.

Gegenseitige Rücksicht­nahmepflicht

Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums sich aller übermässigen Einwirkungen auf das Eigentum des Nachbarn zu enthalten. Verboten sind insbesondere alle schädlichen und nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach Ortsgebrauch nicht gerechtfertigten Einwirkungen durch Luftverunreinigung, üblen Geruch, Lärm, Schall, Erschütterung, Strahlung oder durch den Entzug von Besonnung oder Tageslicht. (Art. 684 ZGB). Auch ideelle Einwirkungen, wie zum Beispiel der Betrieb eines Erotik-Etablissements, fallen unter diesen Punkt. Bei der Beurteilung, ob eine Einwirkung übermässig ist, kommt dem Gericht ein grosser Ermessensspielraum zu.

Der Nachbar nebenan spielt Trompete. Aber gegen übermässigen Lärm kann man sich wehren.

Ein gewisses Mass an «Fremdeinwirkung» ist bei normaler Grundstücksnutzung unvermeidlich und muss hingenommen werden.

Ein respektvoller und rücksichtsvoller Umgang mit den Nachbarn lohnt sich.

Wie wehren?

Der geschädigte Nachbar kann sich mit der sogenannten Beseitigungsklage gegen Überschreitungen des Eigentumsrechts zur Wehr setzen oder mittels Unterlassungsklage Schutz vor künftigen Überschreitungen verlangen (Art. 679 ZGB). Darüber hinaus kann der Geschädigte Schadenersatz für bereits entstandene finanzielle Einbussen geltend machen.

Von Hecken und Zäunen

Zäune oder andere Einfriedungen grenzen das eigene Grundstück ab, und Hecken schützen vor neugierigen Blicken und ungebetenen Gästen. Das Zivilgesetzbuch erlaubt es Eigentümern, ihr Grundstück einzufrieden. Da das Zivilgesetzbuch die Rechtsetzungsbefugnis für Anpflanzungen und Bauten an der Grundstücksgrenze an die Kantone delegiert hat, ist für entsprechende Fragen das kantonale Recht zu konsultieren.

Das Kapprecht

Wird jemand durch vom Nachbargrundstück überragende Äste oder eindringende Wurzeln an seinem Eigentum geschädigt, so kann er unter Beachtung der in Art. 687 ZGB genannten Voraussetzungen dieselben kappen beziehungsweise bis maximal auf die Grundstückgrenze zurückschneiden. Grundvoraussetzung des Kapprechts ist das Vorliegen einer Schädigung des nachbarrechtlichen Grundstücks. Eine Schädigung kann jede Beeinträchtigung der Bewirtschaftung und Benutzung des Grundstücks sein, so auch starke Beschattung oder Lichtentzug. Die Schädigung muss allerdings erheblich sein; ansonsten ist sie vom Nachbarn zu dulden. Durch diese Anforderung soll sichergestellt werden, dass Bäume nicht sinnlos beschädigt werden. Ob eine Schädigung erheblich ist, muss im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung der Bewirtschaftungsart sowie der Lage und Beschaffenheit des Grundstücks entschieden werden.

Verjährung von Schadenersatzforderung

Nachbarrechtliche Schadenersatzforderungen verjähren innert eines Jahres seit Kenntnis des Schadens, aber spätestens innert zehn Jahren seit der schädigenden Handlung.

Reto Nick

Geschäftsführer Hauseigentümerverband Graubünden

Weitere Artikel, die Sie interessieren könnten

Neues Tool zeigt, ob Erdwärmesonden möglich sind

Lesen

Invasive Neophyten sofort erkennen und nachhaltig bekämpfen

Lesen