Der «Energiekuchen» Schweiz besteht seit über 40 Jahren in guter Näherung zu 66 Prozent Erdölprodukten und 34 Prozent aus Elektrizität1. Die Stromversorgung bestand und besteht aus Wasser- und Nuklearenergie. Sie war ausreichend, kostengünstig, sicher und, was heute im Zentrum steht, CO₂-frei. Deshalb sollte diese Strompolitik nicht grundsätzlich geändert werden.
Am Energieanteil «Strom» hat sich auch heute nichts geändert. Geändert hat sich die Ausgangslage beim Anteil «Erdölprodukte». Angestrebt wird zu Recht die «Dekarbonisierung» damit meint man die Reduzierung von CO₂-Emissionen, wie sie beim Verbrennen von Öl, Gas und Benzin entstehen. Womit sollen aber zwei Drittel des «Energiekuchens» ersetzt werden? Realistisch und möglich ist das weitgehend nur durch Elektrizität. Folgerung daraus: Nötig ist ein grosser Zubau an elektrischem Strompotential.
Eine vernünftige Debatte muss sich an quantitativen und physikalischen Fakten orientieren. Dazu gehören einerseits das Energieäquivalent (Umrechnungsfaktor zwischen Formen der Energie) zwischen Öl und Strom und andererseits der mechanische Wirkungsgrad (Verhältnis der Wärmeenergie zur mechanisch nutzbaren Energie), der bei Verbrennungsmaschinen gilt. Diese Rechnungen sind einfach. Ein Liter Öl entspricht energetisch der Menge 10 kWh (kWh, Kilowattstunde, das ist die Grösse, die wir bei unserem lokalen EW kaufen).
Damit können wir den entsprechenden elektrischen Betrag des Jahresverbrauchs an Erdölbrennstoffen der Schweiz angeben: Elektrisch sind es 60 TWh2 (Terawattstunden).
Um eine Illustration dieser Strommenge zu geben: Die Jahres - Stromproduktion des Kernkraftwerks Leibstadt betrug im Jahr 2023 9.6 TWh.
Also: Wenn 60 TWh ein Drittel des «Energiekuchens» sind, so sind zwei Drittel (zum Beispiel Erdöl) 120 TWh. Das wäre das elektrische Äquivalent. Weil aber der «thermische» Wirkungsgrad nur 30 Prozent beträgt, der elektrische aber fast 100 Prozent ausmacht, ergibt sich für die vollständige Dekarbonisierung der Schweiz (Heizung in Form von elektrischen Wärmepumpen, Verkehr mit Elektroautos) ein zusätzlicher Strombedarf von 40 TWh. Optisch sieht die Situation wie folgt aus:
Der Energiekuchen Schweiz beträgt demzufolge im Jahr 2050, im Massstab von 2023, nur noch 55 Prozent der Menge von 2023, ist aber zu fast 100 Prozent elektrisch und damit CO₂2-frei.
Bleibt die Frage, wie diese zusätzlichen 40 TWh Strom erzeugt werden sollen? Das Bundesamt für Energie ist heute der Meinung, dies sei mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien (Photovoltaik und Wind), mit einer Senkung des Verbrauchs und einer Erhöhung der Energieeffizienz trotz Stilllegung der Atomkraftwerke bis 2035 zu erreichen. Namhafte Fachleute in unserem Land und eine Studie des Science Centers der ETH teilen diese Meinung nicht, weil Solarstrom vor allem im Sommer und nicht kontinuierlich anfällt. Saisonale Speicher dafür existieren nicht, sie müssten von der Grössenordnung von mehreren Staubecken wie die von Grand Dixence im Wallis sein. Dieses Werk hat ein Speichervolumen, das etwa 2 TWh generieren kann.
Der frühere Direktor des Bundesamtes für Energie, Dr. Eduard Kiener, zeigt in einer solid begründeten Studie, was möglich und was nicht realistisch ist. Er sagt:
«Ein Ausstieg aus den fossilen Energien, mit gleichzeitiger Sicherstellung der Versorgung, allein mit erneuerbaren Energien, kann weder rechtzeitig noch kostengünstig realisiert werden. Es braucht alle zielführenden Technologien, auch die Kernenergie: Netto-Null ist mit Null-Atom nicht zu haben.»
Weiter sagt er: